Eine Checkliste
Stand November 2022
Dieser Text basiert auf unserer Broschüre zum Thema. Die könnt ihr hier herunterladen. Wenn ihr sie gern bestellen wollt, schreibt uns eine Mail!
Dank an alle Naturschützer:innen, Bergfreund:innen, Waldarbeiter:innen und Umweltbildner:innen die uns bei der Erstellung unterstützt haben!
- Einleitung: In der Natur, nicht auf Kosten der Natur
- Kurze Checkliste zum Boofen und Freiübernachten
- Saisonale Gefahren für die Umwelt
- Dauerhafte Gefahren für die Umwelt
In der Natur, nicht auf Kosten der Natur
“Boofen” bezeichnet das Übernachten unter Felsüberhängen. Es wird im Elbsandsteingebirge seit Jahrhunderten praktiziert, von Köhler:innen und Wald:arbeiter:innen, von Dorfbewohner:innen in Kriegszeiten, von Wildschütz:innen, Schmuggler:innen, von Bergsteiger:innen, von Widerstandskämpfer:innen im Nationalsozialismus und Dissident:innen in der DDR. Heute ist es für viele ein wichtiger Aspekt des Naturerlebnisses. In den letzten Jahren kam es verstärkt zu Natur(zer)störung und Waldbränden, die in Verbindung mit dem Boof-Geschehen gebracht wurden. Wo Wissensvermittlung und Sensibilität der Naturfreund:innen nicht ausreichen, die Natur zu schützen, kommen Gesetze, Beschränkungen und Kontrollen. Diese kleine Übersicht soll euch helfen, bei euren Aktivitäten rund ums Boofen möglichst schonend mit der Natur umzugehen und diese noch lange zu erhalten. Dabei geht es nicht um die rechtliche Lage, sondern darum, welches Verhalten tatsächlich stattfindet und welche Auswirkungen das auf die Tiere, Pflanzen und Ökosysteme hat. Dabei haben wir versucht, kurze, konkrete Handlungstipps zu formulieren, auf das Reglementierung und Kontrollen möglichst überflüssig werden. Viel Spaß und danke für eure Rücksicht!
Checkliste
Schritt 1: Planung
- Welche Jahreszeit haben wir? Was ist da generell zu beachten? Wann wird es dunkel?
- Wie viele Leute sind wir?
- → große Gruppen nur in stark frequentierte Gebiete
- Welche Orte können wir mit Sicherheit vor der Dämmerung erreichen? Gibt es in der Nähe Ausweichmöglichkeiten?
- Befinden sich die Orte in sensiblen Bereichen?
- → sensibel: Kernzone, besonders geschützte Bereiche (Habitate, Reservate) Gewässerränder, Dickichte, Felsriffe, hohe Felswände ohne Klettergipfel in der Nähe, gesperrte Gebiete
- Wollen/ müssen wir kochen? Umgang der Gruppe mit offenem Feuer
- Welche Waldbrandstufe haben wir?
Schritt 2: Vor Ort
- Sind wir vor der Dämmerung da und fertig mit der Einrichtung des Lagers?
- Scheint der Ort öfter von Menschen, auch für Übernachtungen, genutzt zu werden?
- Können wir hier lagern, ohne die Vegetation zu beschädigen?
- Halten wir ausreichend Abstand zu Dickichten, Wildwechseln etc.?
- Finden wir Anzeichen für Tiere die wir stören könnten (Nester, Spuren im Sand, Zobel, Kotspuren an Felswänden)?
- Gibt es Plätze, um aufs Klo zu gehen (Humus, Vegetation und Gewässer werden nicht beeinträchtigt)?
Schritt 3: Beim Gehen
- Haben wir allen Müll eingesammelt? auch den von anderen?
- Haben wir Spuren hinterlassen?
Temporäre Umweltgefahren
Mitte Februar bis Mitte August Brutzeiten
- u.a. Uhu, Wanderfalke, Schwarzstorch
- → über Sperrungen informieren
- → nur dort sein, wo für den Besucher:innenverkehr Bruten geprüft werden (markierte Wege, Klettergipfel), ansonsten potentielle Bruthabitate meiden
Sommer
- Lichtverschmutzung kann an einem Abend hunderte potentiell geschützte Insekten töten (fliegen in Kerzen, verlieren Orientierung und sterben an Entkräftung), sowie Fledermäuse beeinträchtigen in dem sie ihren Ausflug nicht oder verspätet antreten (Fledermäuse können im Sommer nach drei Tagen ohne erfolgreiche Jagd sterben). Auch andere Säugetiere nehmen Licht aktiv war und werden zumindest unter Stress gesetzt (Dachse, Füchse, Rehe, Wildschweine…)
> Felsspalten vermeiden, in denen Fledermäuse leben könnten, an/auszuleuchten vermeiden- → indirekte Beleuchtungen, Lichtquellen abdecken, Licht diffus halten
- → rote und organge Lichtquellen benutzen
- → sparsamer Gebrauch von Taschenlampen, nicht im ganzen Wald herumleuchten, so wenig Licht wie möglich
Winter
- Säugetiere in Energiesparmodus, unnötige Flucht kann zu Tod durch Entkräftung führen (bspw. bei Rotwild steigt der Energiebedarf bei Flucht um 30%)
- → regelmäßig frequentierte Wege bevorzugen, Gebüsche/Unterholz meiden
- in Höhlen ruhen u.a. seltene Fledermäuse,
- → Befahrung von Höhlen zwischen Oktober und April nur wenn klar ist, dass es sich um kein Winterquartier handelt (schwer auszuschließen)
- → generell Befahrung nur in kleinen Gruppen, um Höhlen nicht aufzuwärmen und potentiell im Winterschlaf befindliche Tiere zu wecken
Dauerhafte Gefahren
Gefahren bei Feuer
Waldbrandgefahren
- Immer wieder Waldbrände durch Boofenfeuer oder Zigaretten-Glut. Feuer sind jedoch in unzugänglichen Gebieten kaum zu löschen und bei Großbränden auch für Menschen lebensgefährlich. Auf Böden mit vielen organischen Stoffen können Schwelbrände dabei unbemerkt tagelang bis monatelang weiter glimmen und dann ausbrechen.
- → vor Tour über Waldbrandstufe informieren: www.mais.de/php/sachsenforst.php
- → Rauchen: nur windgeschützt, auf feuerfester Unterlage (bspw. Sandboden Boofe), Glut + Stummel in Taschenascher, auf keinen Fall im Gehen oder im Wind rauchen
- → Feuer: nur auf feuerfesten (Sand, Fels), windgeschützen (hoher Steinkreis) Unterlagen, kleine Feuer, trockenes Holz ohne Baumpilze (Funken), nur bei durchdringend nasser Umgebung (Waldbrandstufe 1), permanent beobachten, bis es wirklich aus ist (Test: Finger in die Feuerstelle stecken)
- → Kocher: auch bei Kochern, insbesondere mit flüssigem Treibstoff, gilt die selbe Sorgfaltspflicht, besser gleich Gaskocher verwenden
Schäden durch Feuer in Höhlen
- Geschlossene Höhlen sind ein wichtiger Lebensraum, durch Ruß und Rauch kann dieser schnell für alle dortigen Tiere unbewohnbar werden. Durch Feuer in Höhlen entsteht schlimmstenfalls auch Lebensgefahr für euch (Kohlenmonoxid-Vergiftung).
- → generell kein Feuer in geschlossenen Höhlen
Sonstige Umweltschäden
- Zerstörung von Humusschicht und weiteren Lebensräumen durch zu viel Totholzentnahme
- → Holz dezentral sammeln, weitere Wege in Kauf nehmen, bei wenig Totholz kein Feuer
Erschrecken/Vertreiben von Tieren
- Viele Tiere verbinden Feuer/Rauchgeruch mit Waldbrand und werden unnötig aufgescheucht.
- → sensible Habitate für Feuer meiden, Windschutz, kleine Feuer mit trockenem Holz
- → bestehende Feuerstellen sind neuen vorzuziehen
- → vorgefundene, fahrlässige Feuerstellen rückstandslos abbauen
Vernichtung von Pflanzen
- Riffvegetation ist deshalb so sensibel, weil sich unter den extremen Bedingungen nur sehr wenig Humus entwickelt und hält. Bereits unachtsames Treten kann die Schicht verletzen und durch Windabtrag auf Jahre vernichten. Heidekraut ist oft viele Jahre alt, da die Heide sehr langsam wächst.
- → bestehende Pfade und Wildwechsel nutzen, auf Pflanzenschäden achten
- → achtsam gehen, potentiell in sensiblen Bereichen barfuß oder Sohlen mit wenig Profil
Nachtruhe
- Durch Bejagung tagsüber sind viele Tiere mittlerweile (weitestgehend) nachtaktiv, andere schlafen in ihren Rückzugsräumen (Höhlen, Dickicht, …).
- → Lagerplatz bis zur Dämmerung erreichen und nicht mehr verlassen
- → Lautstärke (stört auch andere Naturfreund:innen), Feuer(geruch) oder direktes Eindringen in die Lebensräume vermeiden
- → auch reine Anwesenheit (Geruch) von ggf. schlafenden Menschen kann Tiere stören
Unterholz
- Dickicht ist der Rückzugsraum für die meisten Säugetiere. Diese können dort verschreckt werden oder angreifen um Jungtiere zu schützen.
Gefahren durch Vermüllung
Stuhlgang im Wald /Taschentücher/ Urin
- Urin ist basisch, urinieren kann Moose sehr schnell zerstören
- Taschentücher brauchen mindestens drei Jahre bis zum vollständigen Abbau, v.a. aus ästhetischen Gründen werden sie von Naturfreund:innen eingesammelt, sie enthalten oft aber auch Mikroplastik
- → Nehmt sie mit!
- → Ungebleichtes Klopapier statt Taschentücher, das kann bei guten Verhältnissen innerhalb von Monaten abgebaut werden, kein Mikroplastik
- → keine Fäkalien an trockenen Plätzen (Boofen, Höhlen, Riffe)
- → Fäkalien nicht in Gewässernähe und auf Weiden (Vergiftung)
> Plätze wechseln, nährstoffarme Ökosysteme meiden (Felsriffe, Moor, Magerwiesen) wegen Nährstoffund Gifteintrag- → Stuhlgang für schnelleren Abbau in der Humusschicht vergraben
Mikroplastik
- Mikroplastik ist ein weltweites Problem und entsteht hauptsächlich durch Feinstaub (Abgase), Reifenabrieb und Wäsche von synthetischen Textilien. In sehr abgelegenen Gebieten können auch schon einzelne Menschen problematisch sein, evtl. spielt dann auch Kosmetik und Zahnpasta eine relevante Rolle.
Hygieneartikel/Seife
- Nutzt Seife nicht in der Nähe von kleineren Gewässern, da sie die Oberflächenspannung zerstört und viele Wasserlebewesen tötet.
- → Füllt euch einen Wassersack o.ä. zum Waschen ab!
Sonstiger Müll
- Kippen-Stummel brauchen 7 Jahre oder länger, Nikotinreste können Mikro-Organismen im Boden aber auch kleine Tiere töten.
- Allgemein kann viel Müll zu Verletzungen oder zum Tod von Tieren führen, die sich schneiden, hängen bleiben etc.
- Einige Pflanzenteile brauchen deutlich länger zum Verrotten (bspw. Zitrus- und Bananenschalen ~2-3 Jahre), auf blankem Sand/Fels und im Trockenen verrottet nichts.
- Metall braucht viele Jahre zum Zersetzen, Plastik und Glas wird quasi nicht zersetzt.
- → Müll, auch von fremden Menschen, wann immer möglich mitnehmen!
Gefahren durch Hunde
- Buddeln verursacht Bodenerosion und Pflanzenschäden.
- Aufschrecken von Wildtieren, insbesondere Bodenbrüter die nicht so leicht bemerkt werden, aber auch von Säugern, schlimmstenfalls Todhetzen, über Klippen jagen
- auch Menschen haben oft Angst vor Hunden (Unfallgefahr!)
- → Hunde an der Leine halten, wenn sie sonst streunen gehen oder Wildtiere vor euch bemerken können
- → arbeitet am Lager ggf mit Laufleinen